Thor (altnordisch Þórr, altenglisch Þunor, althochdeutsch Donar) ist nicht nur der stärkste, sondern wohl auch der am meisten verehrte germanische Gott im wikingerzeitlichen Skandinavien. Obwohl er weder der älteste Gott noch der Göttervater ist (als dieser gilt Wotan/ Odin), wurde er schon im 3. oder 4. Jahrhundert mit dem römischen Hauptgott Jupiter gleichgesetzt: Das beweist der Wochentagsname Donnerstag. Thor/ Donar ist (wie der griechische Halbgott Herakles) aufgrund seiner enormen Kräfte der Verteidiger der Götter und der Bekämpfer von Riesen, Trollen und der Midgardschlange.
Seine mächtige Götterwaffe ist der Thorshammer Mjöllnir („der Leuchter“ oder „der Zermalmer“), der in der heidnischen Spätzeit nicht nur auf Runensteinen auftritt, sondern auch als Amulettanhänger von Frauen getragen wurde – offenbar als heidnische Antwort auf das christliche Kreuz. Die jungen Mythenerzählungen, wie sie uns Snorri Sturluson wiedergibt, dichten ihm noch Eisenhandschuhe (zum Halten des Hammers), einen Kraftgürtel sowie zwei unerhört starke Söhne namens Moði und Magni („Kraft“ und „Stärke“) an. Tatsächlich aber ist Thor nicht nur der Mittelpunkt der meisten überlieferten- 51 -nordischen Göttermythen, sondern auch Held des bekanntesten altnordischen Mythos überhaupt, nämlich Thors Fischzug nach der Midgardschlange.